Vaginismus – Wenn der Körper „Nein“ sagt

Sex sollte sich gut anfühlen – entspannt, lustvoll und frei. Doch für viele Frauen ist er mit Schmerzen, Angst,Unsicherheit oder sogar Unmöglichkeit verbunden. Ein Grund dafür kann Vaginismus sein – eine unwillkürliche Verkrampfung der Beckenbodenmuskulatur, die jegliches Eindringen erschwert oder unmöglich macht.

Vaginismus – Wenn der Körper „Nein“ sagt

Das ist ein großes Thema in der Sexualtherapie, ich fasse die wichtigsten Punkte zusammen unter dem Aspekt, dass jede Frau auch anders ist.

Als Sexualtherapeutin begleite ich seit vielen Jahren Frauen mit Vaginismus. Viele kommen zu mir mit dem Gefühl, dass etwas mit ihnen nicht stimmt. Sie fühlen sich defizitär, hilflos und anders als andere Frauen.

     Sie fragen sich - oftmals unter Tränen:

  • Warum kann ich nicht einfach Sex haben wie andere?
  • Warum macht mein Körper nicht mit?
  •   Ich liebe meinen Partner doch und möchte gerne mit ihm Sex haben!

Oft glauben sie, Vaginismus sei eine Krankheit oder sogar unheilbar. Doch das stimmt nicht. Den sehr oft wird es auch falsch behandelt (Gynäkologisch, Urologisch, Psychotherapeutisch!), was die Frauen noch mehr verunsichert. Eine Vagina die verschlossen ist, kann nichts aufnehmen! Es ist auch keine Krankheit, sondern eine unbewusste Schutzreaktion des Körpers – und dieses muss verstanden werden und kann verändert werden.

Viele Frauen haben jahrelang ausgeharrt, versucht, das Problem zu ignorieren oder „ertragen“ Sex unter Schmerzen. Manche vermeiden Intimität ganz, weil sie glauben, es gäbe für sie keine Lösung. Doch das ist nicht wahr.

Frauenarztbesuche – ein Albtraum

Bei meiner Recherche bei Frauenärzten zu diesem Thema, war die Antwort meistens, dass sie es gar nicht bemerken und die Frauen auch meistens nichts sagen. Eine Ärztin von vielen die sich für ihre Patientinnen Zeit nimmt, wie sie mir sagte, schickt die Patientinnen weiter. Viele Frauen mit Vaginismus meiden den Frauenarzt jahrelang. Da sie keinen Geschlechtsverkehr haben, verhüten sie meistens auch nicht. Die Vorstellung, sich dort untersuchen zu lassen, ist für sie mit Angst, Scham und Panik verbunden. Wenn sie es doch tun, fällt es ihnen schwer, die Beine zu öffnen. Oft spannen sie ihre Oberschenkelmuskulatur reflexartig an, der Beckenboden verkrampft sich. Es ist mit einem hohen Stresspegel verbunden.

Sobald der Arzt oder die Ärztin den Finger in die Nähe des Scheideneingangs bringt, zieht sich die Muskulatur spastisch zusammen. Manche Frauen empfinden dabei stechende Schmerzen, andere spüren nur eine unüberwindbare Blockade.

Warum passiert das?

Vaginismus ist keine bewusste Entscheidung, sondern eine Schutzreaktion des Körpers. Die Muskulatur rund um die Vagina zieht sich reflexartig zusammen, sobald etwas eindringen möchte – egal, ob es ein Finger, ein Tampon oder ein Penis ist. Ein Vergleich: Stell dir vor, jemand will dir ins Auge greifen- die Reaktion ist, zumachen. Die Reaktion des Körpers beim Sex, ist also kein „Fehler“, sondern ein Schutzmechanismus – selbst wenn der Kopf sich Nähe und Intimität wünscht. Und das ist meistens der Fall, der Kopf will, aber die Vagina sagt nein- heute geschlossen.

Die zwei Arten von Vaginismus

Nicht alle Frauen erleben Vaginismus auf die gleiche Weise. Es gibt zwei Hauptformen:

Primärer Vaginismus

Frauen mit primärem Vaginismus hatten noch nie schmerzfreien oder entspannten vaginalen Sex, oder überhaupt Geschlechtsverkehr. Schon der Gedanke,etwas dringt in sie ein, erzeugt Angst und Stress.Angst vor Schmerzen und Unsicherheit.Häufig fällt es ihnen schwer, Tampons zu benutzen oder sich selbst zu berühren. Manche meiden gynäkologische Untersuchungen oder lassen sie unter Angst über sich ergehen.

Diese Frauen haben meist nie gelernt, ihr Geschlecht bewusst wahrzunehmen oder es selbstverständlich in ihr Körperbild zu integrieren. Ihr sexuelles Lernen blieb begrenzt – oft durch Scham, negative Botschaften über Sexualität oder mangelnde Aufklärung über den eigenen Körper. Die Vagina bleibt für sie etwas Fremdes, etwas, das sie nicht „bewohnen“.

Sekundärer Vaginismus

Sekundärer Vaginismus tritt auf, wenn eine Frau bereits schmerzfreien Sex hatte, aber später – zum Beispiel nach einer schmerzhaften Erfahrung, einer Geburt, einer Operation oder durch langanhaltenden Stress – eine vaginale Blockade entwickelt.

Diese Frauen haben meist bereits sexuelle Erfahrungen gesammelt, doch ihr Körper hat im Laufe der Zeit eine Schutzreaktion entwickelt. Dies kann mit körperlichen Schmerzen oder negativen Emotionen zusammenhängen, die sich im Beckenboden festsetzen.

Beide Formen von Vaginismus sind Ausdruck davon, wie Frauen gelernt haben (oder nicht gelernt haben), sich mit ihrem eigenen Geschlecht zu verbinden „Ich kann mich ,,da unten" nicht anfassen…“


Die Bedeutung des Beckenbodens bei Vaginismus

Der Beckenboden – unser LIEBSESMUSKEL- spielt eine zentrale Rolle für unsere Sexualität. Er besteht aus einer komplexen, dreischichtigen Muskelstruktur, die nicht nur für die Kontinenz Sicherung und das Halten der Organe im Bauchraum verantwortlich ist, sondern auch für Lustempfinden, Kontrolle und das Aufnehmen eines Penis. Die äußerste Beckenbodenschicht ist verantwortlich für die Unterstützung der Erregung, sie schwillt bei Erregung an. Erregung ist essentiell wichtig.

Wenn sich der Beckenboden unwillkürlich verkrampft, führt dies zu Schmerzen, Blockaden oder einem völligen Verschluss der Vaginalöffnung n. Vaginismus ist daher auch ein Thema der Muskelsteuerung, diese Frauen haben einen hypertonen, einen überspannten Beckenboden der in Dysbalance ist – das bedeutet aber auch, dass er durch gezieltes Training verändert werden kann!

Viele Frauen mit Vaginismus haben einen dauerhaft angespannten Beckenboden, ohne es zu merken und zu spüren. Das sehe ich auch in der Therapie, es fällt ihnen schwer, die hohe Anspannung zu spüren. Meistens ist auch der Mund betroffen. Sie verschließen ihn genau so fest wie ihre Vagina. Da die beiden zusammenspielen. Die Muskulatur steht unter unbewusstem Stress – oft schon seit Jahren. Die Folgen sind:

  • Schwierigkeiten beim Einführen von Tampons oder medizinischen Instrumenten
  •  Schmerzen oder ein „Widerstand“ beim Versuch der Penetration
  • Reflexartige Abwehrreaktionen beim Gedanken an Sex oder gynäkologische Untersuchungen
  • Fehlende Wahrnehmung für den eigenen Beckenboden – viele wissen gar nicht, dass sie ihn bewusst steuern können

Die gute Nachricht: Der Beckenboden ist trainierbar. So wie wir lernen können, unsere Schultermuskulatur bewusst zu entspannen oder anzuspannen, können wir auch lernen, den Beckenboden zu regulieren.


Warum Wissen über den eigenen Körper Sicherheit gibt

Ein entscheidender Schritt in der Therapie ist das Verstehen der eigenen Anatomie. Viele Frauen mit Vaginismus haben nur ein vages oder sogar verzerrtes Bild von ihrer eigenen Vagina. Manche denken, sie sei zu klein, zu eng oder „falsch“ geformt, eine Hölle, sie eklen sich regelrecht davor sie mit ihren Fingern zu betasten. Doch das stimmt nicht!

Die Anatomie der Vagina – ein faszinierendes Organ

Die Vagina ist dehnbar. Sie ist zwischen 10 und 12 cm lang, besteht aus elastischem Gewebe, das sich anpassen kann – zum Beispiel während der Geburt (öffnet sie sich bis zu 35 cm!) oder beim Sex. Sie ist nicht „zu eng“, sondern passt sich individuell an.

  •  Die Vagina ist kein starrer Tunnel. Im entspannten Zustand liegt sie zusammengefaltet (wie eine Ziehharmonika) und öffnet sich erst, wenn es nötig ist.
  •  Der Scheideneingang wird von Muskeln umgeben. Diese Muskeln (Teil des Beckenbodens) können bewusst gesteuert werden – sie sind also trainierbar!
  • Der Beckenboden beeinflusst, wie sich die Vagina anfühlt. Wenn er verspannt ist, kann sich die Vagina wie „verschlossen“ anfühlen – aber durch gezielte Übungen kann diese Spannung abgebaut werden.
  • Die Vagina oder Scheide ist mit Schleimhäuten ausgekleidet, die sauberer sind als die Mundhöhle - sie reinigt sich von selbst

Viele Frauen mit Vaginismus haben ihre Vagina nie bewusst erkundet. Sie wissen oft nicht genau, wo sich der Scheideneingang befindet oder wie sich ihr eigenes Gewebe anfühlt. Das führt zu Unsicherheit und Angst vor Schmerzen. Aber,Liebe Frauen, dass ist keine Schuldhaftigkeit.

Wissen schafft Sicherheit!
Je mehr eine Frau über ihren eigenen Körper weiß, desto sicherer fühlt sie sich. Wenn sie versteht, dass ihre Vagina nicht „zu eng“ oder „falsch“ ist, sondern dass ihr Körper einfach eine Schutzreaktion zeigt, kann das Ängste abbauen, ihre eigene Selbstsicherheit stärken um mehr Sicherheit mit dem Partner zu bekommen. Das ist sehr wichtig.

Mein Therapieansatz: Wissen, Wahrnehmung und gezielte Übungen

Ich habe viele Frauen begleitet, die jahrelang mit Vaginismus gelebt haben – oft in dem Glauben, dass es für sie keine Lösung gibt. Doch es gibt Wege, den Körper neu zu erfahren.

Ein zentrales Element der Therapie ist das Training der Beckenbodenwahrnehmung. Statt „einfach zu entspannen“ (ein Tipp der nicht hilft und auch nicht funktioniert, es ist schwierig, einfach zu entspannen, wen sie nicht wissen wie sie es tun sollen) geht es darum, bewusst zwischen Anspannung und Loslassen zu wechseln.

Körperliches Lernen statt „Warten auf Veränderung“

Der Körper verändert sich nicht von selbst, sondern durch gezielte Lernschritte. Unser Körper als Instrument. Dem wir mehr Töne entlocken lernen.

Spannungsregulation im Beckenboden

Frauen mit Vaginismus haben eine dauerhaft erhöhte Beckenbodenspannung. Sie lernen:

  • Den Beckenboden bewusst zu spüren
  • Ihn aktiv anzuspannen und loszulassen
  •  Kontrolle und eine Balance über die eigene Muskulatur zu gewinnen

Ein entspannter Beckenboden ist nicht gleichzusetzen mit „lockerlassen“. Es hilft mehr, ihn zuerst gezielt anzuspannen, um ihn dann bewusst loslassen zu können.

Sexuelle Sensibilität und Selbstsicherheit entwickeln

Der Genitalbereich wird nicht länger als „Problemzone“ gesehen, sondern bewusst erkundet.

  • Berührungen ohne Druck erforschen
  •  Sensibilität für Lustsignale entwickeln
  • Verschiedene Berührungsarten entdecken, genießen lernen

Beweglichkeit, Atmung und Rhythmus trainieren

Vaginismus betrifft oft den gesamten Körper. Durch gezielte Bewegungsübungen (z. B. Beckenmobilisation, rhythmische Bewegungen, tiefer Atmung) wird der Körper flexibler und empfänglicher für Genuss.

Den sexuellen Modus (die Art und Weise, wie Sex praktiziert wird) bewusst erweitern

Viele Frauen praktizieren einen hohen Anspannungsmodus. Dieser Modus entsteht oft durch erlernte Muster von Kontrolle, Angst oder Unsicherheit in Bezug auf Sexualität. Bei Vaginismus ist er besonders relevant, da eine dauerhafte unbewusste Beckenbodenspannung die vaginale Öffnung verschließt und Schmerzen oder Blockaden verursacht.

Konkret bedeutet das in der Therapie:

  • Exploration des eigenen Geschlechts – ohne Erwartung, ohne Druck, mit Neugier
  • Übungen zur Wahrnehmung des Beckenbodens – für mehr Kontrolle über die eigene   Muskulatur
  • Atem- und Bewegungsübungen – für mehr Entspannung und Genussfähigkeit
  • Schrittweises Herantasten an Penetration (falls gewünscht) – im eigenen Tempo
  •  Sexualität als lernbaren Prozess verstehen – jede Frau kann neue Erfahrungen machen

Das Ziel ist nicht einfach, „Sex zu können“, sondern eine neue Verbindung zum eigenen Körper und zur eigenen Sexualität zu schaffen.

Ich begleite seit vielen Jahren Frauen mit Vaginismus und sehe immer wieder, wie sie sich von Angst und Blockaden befreien. Viele dachten, es gäbe keine Lösung – doch sie haben gelernt, ihre Sexualität neu zu entdecken.

Das ist für mich als Therapeutin sowie für meine Klientin, die diese Project umgesetzt hat,immer eine große Freude

Du musst diesen Weg nicht allein gehen. 

Wenn du Fragen hast oder mehr über die Therapie erfahren möchtest, melde dich gerne bei mir. 

Es gibt einen Weg – und du kannst ihn gehen.

 

 

 

zurück zur Übersicht