Eine Frage der Häufigkeit: Wie viel Sex ist normal?

Haben Sie sich diese Frage auch schon einmal gestellt? Gerade in langjährigen Beziehungen taucht sie häufig auf. Wir denken an die leidenschaftlichen Anfangszeiten der Verliebtheit zurück, wo die Lust unbändig schien – doch mit den Jahren verändert sich das Bedürfnis nach Intimität. Ist das normal? Und wie oft ist eigentlich "normal"?

„Wie viel Sex ist normal?“ – Die Antwort lautet: Sie sind die Norm.

Eine allgemeingültige Antwort gibt es nicht. Jeder Mensch ist individuell, jede Beziehung einzigartig. Was zählt, ist, dass Ihre Bedürfnisse und die Ihres Partners oder Ihrer Partnerin miteinander harmonieren. Normal ist genau das, was für Sie beide passt.

Aber was passiert, wenn die Bedürfnisse unterschiedlich sind?
Wenn Ihre Vorstellungen und Wünsche in der Beziehung auseinandergehen, entsteht eine Schieflage. Das führt oft zu Spannungen, Konflikten und einem Machtkampf – ob unausgesprochen oder direkt. Die Lösung ist Kommunikation: Reden Sie miteinander. Sprechen Sie über Ihre Wünsche und Bedürfnisse.

Denn die Antwort lautet: Haben Sie so viel oder so wenig Sex, wie es für Sie beide stimmig ist.

Aus der Praxis: Die Herausforderung der „Normalität“

Viele Paare, die zu mir kommen, haben eine klare Vorstellung davon, was „normal“ ist. Häufig wünschen sie sich die Intensität und Leidenschaft der ersten Verliebtheitsphase zurück. Sie sehen diese Phase als Maßstab, obwohl diese Zeit eigentlich ein Ausnahmezustand war.

Die ersten Monate einer Beziehung können tatsächlich wie eine Droge wirken. Die Lust, die Neugier und die Anziehungskraft scheinen unerschöpflich – doch auf Dauer wäre diese Intensität für viele Paare schlicht überfordernd. Mit der Zeit verändert sich die Sexualität, manchmal tritt sie auch in den Hintergrund. Das führt dazu, dass viele beginnen, sich selbst oder die Beziehung zu hinterfragen. Vor allem Frauen erleben in solchen Phasen oft Selbstzweifel: Bin ich nicht mehr begehrenswert?

Ein Beispiel aus der Praxis: Walter und Greta

Walter und Greta, seit 25 Jahren ein glückliches Paar, kamen mit genau dieser Frage in meine Beratung: „Sollten wir nicht mehr Sex haben?“ Sie erzählten, dass sie früher ein erfülltes Sexleben hatten, aber mit den Jahren kehrte der Alltag ein. Momentan herrscht Stillstand.

Was passierte?
Greta dachte, sie sei nicht mehr attraktiv für Walter und wartete auf ein Zeichen von ihm. Walter hingegen hatte ähnliche Gedanken: Er fühlte sich zurückgewiesen und wartete darauf, dass Greta die Initiative ergreift. Beide schwiegen – und entfernten sich auf der genitalen Ebene immer mehr voneinander.

Dabei war ihre Beziehung auf emotionaler Ebene stark: Sie respektierten einander, waren liebevoll und hatten viele Gemeinsamkeiten. Doch genau diese Nähe, die sie als Paar harmonisch machte, wirkte gleichzeitig als „Lustkiller“. Greta wollte die Situation nicht länger hinnehmen und suchte Unterstützung.

Druck durch „Normalitätsvorstellungen“

Wie Walter und Greta geht es vielen Paaren: Sie setzen sich selbst unter Druck, weil sie glauben, eine bestimmte Frequenz oder Leidenschaft sei „normal“. Doch dieser Druck verhindert, dass sie die Freude an ihrer Sexualität neu entdecken.

Viele Paare in meiner Beratung sagen, dass sie emotional eng verbunden sind. Sie lieben und respektieren einander, pflegen Hobbys, berühren und umarmen sich regelmäßig. Doch wenn die Lust fehlt, bleibt oft das Gefühl, dass „etwas nicht stimmt“.

Was, wenn der Wunsch nach mehr da ist?

Wenn beide Partner*innen mit der Situation zufrieden sind, gibt es keinen Grund zur Sorge. Dann ist es wichtig, sich von gesellschaftlichen Normen zu lösen und die Frage nach Häufigkeit loszulassen. Alles, was beiden gefällt, ist richtig.

Wenn jedoch einer der beiden den Wunsch nach mehr hat, dann sollte das Thema offen angesprochen werden. 

Sex ist ein wesentlicher Bestandteil einer Beziehung – er spiegelt auch Schieflagen wider.

Warum lohnt es sich, genauer hinzusehen?

Die Herausforderung besteht darin, das Thema nicht unter den Teppich zu kehren. Sätze wie „Es wird schon wieder“ oder „Das ist halt so“ helfen nicht weiter. Eine Beziehung erfordert immer wieder Mut: Mut, über die eigenen Grenzen hinauszugehen, Themen anzusprechen und aktiv an einer Lösung zu arbeiten.

Sowie wie Walter und Greta. Mit meiner Unterstützung gelang  ihnen ein erfolgreicher Austausch über ihre Gefühle und ihre Wünsch und Bedürfnisse. Ihre Lösung war: Sie wollten beide sexuell aktiv sein, somit vereinbarten sie sich zumindest 2x im Monat zu einem ,,Sex Date'' zu treffen.

Sexualität kann sich mit der Zeit verändern – und sie kann auch neu entdeckt werden. Mit der richtigen Unterstützung ist es möglich, wieder Lust und Nähe zu schaffen.

Professionelle Unterstützung – Ein Weg zu mehr Erfüllung

Wenn es schwerfällt, über das Thema zu sprechen, oder der Weg aus dem Stillstand nicht gelingt, gibt es Expert*innen, die Ihnen helfen können. Eine Sexualtherapie bietet Ihnen den Raum, Ihre Bedürfnisse zu verstehen, Blockaden zu lösen und eine erfüllte Intimität neu zu gestalten.

Haben Sie Mut! Eine glückliche Sexualität beginnt oft mit einem Gespräch.

 

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